Teil 2/2: Wie man seine Leistung mithilfe von Selbstwirksamkeit steigert
Informationsquellen manipulieren, Günter
Welcome back! Falls du den ersten Teil dieses Artikel nicht gelesen haben solltest, lies ihn erst: Teil 1.
Wie kannst du nun dieses Wissen über das Konzept Selbstwirksamkeit nutzen, um deine Leistungen zu verbessern? Steigere deine Selbstwirksamkeitserwartung bei der Aufgabe, die du rocken möchtest. Das führt zu mehr Motivation und somit zu besserer Leistung. Wie steigert man seine Selbstwirksamkeitserwartung? Nun, dazu brauchst du
eine zweiteilige Beurteilung der Aufgabe, vor der du stehst.
Die objektive Beinflussbarkeit
Wir können zwar viel, oft mehr als gedacht, in unserem Leben selbstbestimmt beeinflussen, aber leider eben nicht alles. Wir können das Tauwetter nicht aufhalten, wir können uns aber gut auf eine Matheprüfung vorbereiten. Wir können die Roulettekugel nicht beeinflussen, wir können jedoch vom Rauchen loskommen. In diesem Bewertungsschritt geht es um die objektive Beinflussbarkeit einer Aufgabe. Es geht hier einzig und allein um die Beurteilung dessen, ob es einen logischen Zusammenhang zwischen einer Tätigkeit und einem Ergebnis gibt. Wichtig ist, dass du als Person mit eigenen Stärken und Schwächen vorerst nicht in diese Bewertung einfließt. Es gibt keine Möglichkeit, eine Roulettekugel mit mehr Anstrengung oder einem System so zu beeinflussen, dass sie uns finanziell weiterhilft. Vom Rauchen loszukommen ist hingegen eine beeinflussbare Aufgabe. Man könnte beispielsweise unterschiedliche Techniken zur Zielsetzung, Entwöhnung und zur Bildung neuer Gewohnheiten nutzen. Wer fälschlicherweise zu dem Schluss kommt, unkontrollierbare Ereignisse beeinflussen zu können („Ich bin Roulettekiller, Bruder. Bei mir kommt immer.“), unterliegt einer sogenannten Kontrollillusion. Wähle Kontrollierbares. Unkontrollierbare Aufgaben können selbst mit dem stärksten Mindset und den größten Mindhacks nicht beeinflusst werden. Selbst, wenn du das unglaubliche Nichts-Ist-Unmöglich-Mindset von Steve Jobs hast, wirst du die Roulettekugel nicht steuern können. Wobei jemand mit einem Steve-Jobs-Mindset, der unbedingt beim Roulette gewinnen will, vermutlich kurzerhand Wege finden würde, das ganze Casino in seinen Besitz zu bringen.
Die subjektive Beeinflussbarkeit = Selbstwirksamkeit
Okay. Wir haben nun ausgesiebt: Kontrollierbares ins Töpfchen, Unkontrollierbares ins Kröpfchen. Letzteres brauchen wir nicht. Jetzt kommst du als Person mit deiner eigenen Selbstwirksamkeitsüberzeugung in den Beurteilungsprozess.
Wie wir zuvor gesehen haben, beziehen wir die Informationen über die Selbstwirksamkeit einer Aufgabe aus vier Quellen. Dieser Informationssuchprozess kann allerdings von uns aktiv gesteuert werden, sodass eine hohe Selbstwirksamkeit bezüglich einer kontrollierbaren Aufgabe entsteht. Bleiben wir beim Klausurbeispiel.
Mastery
Wir Menschen haben die Tendenz, uns eher und besser an negative Ereignisse zu erinnern. Wenn du 30 erfolgreiche Matheklausuren hattest und vier Totalausfälle, rate mal, welche Klausuren überproportional häufig wieder hochkommen, wenn du an deine Mathekarriere zurückdenkst. Lasse dich nicht von dieser Negativ-Tendenz verunsichern. Denke genau nach: Was für Teilerfolge gab es? Welche Erfolge habe ich schon ganz verdrängt?
Wenn es nun so ein sollte, dass du Matheklausuren tatsächlich noch nie gerockt und auch keine kleineren Teilerfolge erzielt hast, dass ist das Negativ-Bild von dir bezüglich der Matheleistung vermutlich akkurat. Das ist jedoch auch kein Problem. Dann ist es ganz einfach Zeit für einen Reset: Trenne dich von mental von deiner Mathe-Vergangenheit. Das klingt jetzt ein wenig nach Psycho-Esoterik-Gewäsch – weit gefehlt. Das Prinzip ist ganz einfach. Wann immer du dich dabei erwischst, dass du in deiner Negativ-Mathe-Vergangenheit schwelgst, lenke deine Aufmerksamkeit einfach wieder sanft zurück auf deine aktuelle Tätigkeit (das sollte so spätestens eine Woche vor der Prüfung tatsächlich LERNEN sein, Bro.). In diesem Fall kann aus dieser Quelle keine positive Information gezogen werden, was völlig okay ist, weil die anderen Quellen ausreichend positives Material liefern können. Wichtig ist nur, dass keine Negativ-Informationen aus dieser Quelle in die Selbstwirksamkeitsüberzeugung deines neu gestarteten Ich eingehen. Veränderung ist möglich, manchmal muss man sich dafür aber bewusst von seiner Vergangenheit trennen.
Also:
-Prüfe deine Gedankenstichprobe: Sind Negativ-Erinnerungen überrepräsentiert?
-Falls nötig, trenne dich von deiner (aufgabenbezogenen) Vergangenheit und führe deine Aufmerksamkeit immer wieder sanft auf die aktuelle Tätigkeit
Modeling
Hänge mit fünf Losern ab und du wirst der sechste. Hänge mit fünf Strebern ab und du wirst der sechste. Du übernimmst Gewohnheiten und Standards der Leute um dich herum. In der Streber-Umgebung wirst du immer wieder beobachten, wie es tatsächlich möglich ist, Matheklausuren zu rocken: Lernpläne. Aha. Notizen mit Bleistift im Mathebuch. Soso. Lehrerabhängige Vorbereitung. Ihr cleveren Schlingel. Vorbereitungsbeginn immer zehn Tage vor der Prüfung. Verstehe.
Suche dir bewusst Leute, bei denen du beobachten kannst, dass eine Aufgabe durch eigene Fähigkeiten lösbar ist. Ich habe mir früher sehr oft Pokerübertragungen angeschaut, in denen die Pokerprofis regelmäßig Amateurspieler zerstört haben. Hm. Dieses Poker ist anscheinend doch massiv von der Fähigkeit der Spieler abhängig. Wenn die Profis das können, kann ich das möglicherweise auch, wenn ich mich genug anstrenge…
Also:
-Umgebe dich bewusst mit Vorbildern
Persuasion
Hier kommt es auch stark auf die Personen an, mit denen du dich umgibst. Ermutigen sie dich oder ziehen sie dich runter? Jeder kennt diese eine Person in seinem Bekanntenkreis, bei der immer alles schlecht ist, war oder wird. So ein richtiger Griesgram-Günter.
Du: „Ach, war das eine schöne Zeit damals.“
Günter: „Ja, da hatte Tante Hildegart ihren schlimmen Unfall. So schnell kann’s gehen.“
Du: „Yeeeah. Mit meiner neuen besseren Hälfte läuft es super.“
Günter: „Noch.“
Du: „Ich hab mir ein Haus gekauft.“
Günter: „Da lass einmal ein Rohr brechen. Da biste gleich bei 40.000€ Schaden mindestens.“
Du machst dir ein Erdnussbutterbrot.
Günter: „Du machst dir zu viel Erdnussbutter auf’s Brot.“
HALT. DICH. FERN. VON. GÜNTER. Günter ist lähmende Negativität.
Hier brauchst du tatsächlich Personen, die dich ermutigen. Ein einfaches „Ich glaube, dass du das schaffst.“ kann da schon Wunder wirken. Allein die emotionale Wirkung dieser Art von Ermutigung steigert nachweislich die Selbstwirksamkeit. Ja, es kann so einfach sein.
Noch stärker wirkt allerdings Feedback. Wenn du beispielsweise ein neues mathematisches Prinzip korrekt anwendest und eine andere Person dir das rückmeldet, steigert das die Selbstwirksamkeit direkt. Ein Mini-Win! Suche aktiv Feedback.
Auch der Konsum von ermutigendem Material wie dem hier vorliegenden hilft massiv. Ob die Persuasion als Informationsquelle einen merklichen Effekt auf die Selbstwirksamkeit hat, hängt letztendlich aber auch von Glaubwürdigkeit, Expertise, Vertrauenswürdigkeit und Prestige der Quelle ab.
Also:
-HALT. DICH. FERN. VON. GÜNTER. (das wiederhole ich gerne, weil wichtig)
-Umgebe dich mit ermutigenden Personen und ermutigendem Material
-Fordere Feedback ein
Physiologische Erregung
Die physiologische Erregung beim Menschen ist gut vergleichbar mit dem Drehzahlmesser im Auto. Bei ganz niedrigen Drehzahlen unter 1000 (niedrige Erregung: Tiefschlaf, müde, gelangweilt, gechillt-entspannt) kommen wir kaum voran, der Wagen wuppelt und könnte sogar ausgehen, wenn wir nicht reagieren. Eine gute Fahrt ist so bei 2000-2500 Umdrehungen gegeben (mittleres Erregungsniveau: Entspannt-wach, voll-wach, fokussiert) und bei über 5000 (hohes Erregungsniveau: Angespannt, nervös, panisch) heult der Motor auf, wird auf Dauer geschädigt und wir kommen zwar voran, aber das Potential vom Motor wird nicht optimal in Geschwindigkeit umgewandelt. Wir kommen nicht so schnell voran, wie wir mit einer gemäßigteren Geschwindigkeit und einer niedrigeren Drehzahl könnten. Beim Menschen ist der Zusammenhang von physiologischer Erregung und Leistung gleich: Optimale Leistung bei mittlerem Erregungsniveau (aka. Aktivationsniveau). Wenn unsere Leistung aufgrund der physiologischen Erregung gemindert ist, so handelt es sich in den meisten Fällen um ein zu niedriges Erregungsniveau. Man hat nicht wirklich Lust, kriegt den Hintern nicht hoch, kann sich nicht motivieren. Das andere Extrem ist häufiger in Prüfungs- oder Extremsituationen zu beobachten: Panik, Blackout.
Die Aufgabe ist nun, unser Erregungsniveau auf entspannt-fokussiert, auf 2000-2500 Umdrehungen, zu bringen. Bei zu niedrigem Erregungsniveau nutze ich ganz einfach Kaffee. Ebenfalls sehr gut hilft ein kurzer Kreislaufkick durch 20 Liegestützen, gefolgt von 50 schnellen Jumping Jacks (Hampelmann). Natürlich kannst du jede Übung dafür nutzen, die den Kreislauf in kurzer Zeit in Wallung bringen.
Wenn du in Prüfungen eher der sehr nervöse Typ bist, lasse Koffein direkt davor weg auf jeden Fall weg. Wenn du durch Ängste so angespannt bist, dass deine Leistung leidet (erhöhtes Erregungsniveau, aber noch keine Panik), dann empfehle ich zwei Dinge. Erstens, checke diesen Artikel (kommt noch. Ist im Kopf, aber noch nicht auf dem Papier) für eine neue Perspektive auf Ängstlichkeit, die deinen mentalen Umgang mit Ängsten verbessern wird. Zweitens, begib dich in eine bekannte, sichere Umgebung, mache dir ein warmes Getränk und…rufe einen Freund an. Quatsche 15 Minuten mit deinem Freund über alles mögliche (auch, aber nicht nur über das Thema deiner Angespanntheit), dann zurück an die Arbeit. Je länger du in einem derart angespannten Gemütszustand mit dir alleine bist, desto schlimmer wird es. Durch das Gespräch mit deinem Freund wird deine Aufmerksamkeit sanft neu ausgerichtet und du fährst langsam, kaum merklich, runter. Zu Problemen mit extremer Erregung sollte es im Alltag eigentlich kaum kommen. Das würde nämlich bedeuten, dass du zu Hause eine Panikattacke haben würdest. Wenn das häufiger vorkommt und weder deine Wohnung brennt, noch ein Einbrecher im Schlafzimmer ist, könnte eine Panikstörung vorliegen, die behandelt werden sollte.
Also:
-Optimales physiologisches Erregungsniveau = mittel
-Erregungsniveau steigern: Koffein, Kreislaufkick durch körperliche Ertüchtigung
-Erregungsniveau senken: Wärme & 15-Minuten-Gespräch mit einem Freund
Soooo. Herzlichen Glückwunsch. Du kennst nun den Smaragd „Selbstwirksamkeit“ der Motivationspsychologie. Du weißt, dass man zwischen objektiver und subjektiver Kontrollierbarkeit (=Selbstwirksamkeit) einer Aufgabe unterscheiden muss. Du kennst die vier Quellen der Selbstwirksamkeit und weißt, wie du sie manipulieren kannst, um die Selbstwirksamkeit zu steigern, welche die Motivation steigert, welche schließlich deine Leistung steigert.
Ich hoffe, dass du dieses Konzept nun, wie ich, nachdem ich ihm das erste mal begegnet war, immer wieder im Alltag entdeckst und bei vielen Aufgaben zur Leistungssteigerung nutzen kannst. Zudem hoffe ich, dass dir die Schneemann-Story gefallen hat und du beim lesen so schmunzeln musstest, wie ich, als ich sie geschrieben habe.
Was sind deine Selbstwirksamkeitserfahrungen? Hast du mal eine Informationsquelle der Selbstwirksamkeit erfolgreich beeinflusst? Ich bin echt mega gespannt auf deine Erfahrungen – ab in die Comments damit!
Wenn dir dieser Artikel irgendwie geholfen hat, lasse gerne einen Like und teile das Ding mit interessierten Menschen aus deiner Umgebung. Dickes Danke.
Challenge
- Suche dir eine Tätigkeit/Aufgabe in der du deine Leistung steigern möchtest. Die Leistungssteigerung bei dieser Aufgabe sollte gut messbar sein.
- Prüfe die Tätigkeit/Aufgabe auf Kontrollierbarkeit. Falls sie nicht kontrollierbar ist, zurück zu 1.
- Arbeite die Spiegelstriche zu jeder Informationsquelle durch und steigere so deine Selbstwirksamkeit. Dieser Schritt ist die eigentliche Arbeit.
- Berichte mir über deine Erfahrungen 🙂
- (GÜNTER. FERN. NICHT. VERGESSEN.)
LG
Marco